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Die Verbannten der Feldstrasse, Teil 07

In dem unsere Helden nicht so weit kommen, wie sie geplant hatten.

Um mögliche Spuren zu verwischen, folgten sie vielen kleinen Wegen, die von den Handelsstraßen abgingen.
Tiscio hielt sich ziemlich gut auf dem Zweirad, auch wenn er immer wieder kleinere Schwierigkeiten hatte und ihm bald der Hinter wehtat. Was nicht so gut war, war, dass er ziemlich schnell die Orientierung verlor und feststellen musste, dass er keine Ahnung mehr hatte, wie er zu dem Tempel kommen sollte. Auf Hin- und Rückweg hatte er so viele Schlenker gemacht dass er kaum noch sicher war, ob er das Dorf des Druiden wiederfinden würde.
Auf der anderen Seite, war jedem in ihrer kleinen Gruppe nur allzu bewusst, dass sie auch auf der Hauptstraße hätten bleiben können, denn abgesehen davon, dass die Zweiräder ziemlich einzigartige Spuren hinterließen, würde auch jeder, der sie sah, sich ihrer erinnern.
Und dann war da noch die Sache mit dem, was Gunnar und Tiscio fühlten. Wenn Gunnar jemanden über mehrere Kilometer gespürt hatte, dann war es nur logisch, dass sie auch gespürt werden konnten. Schließlich hatte der erste Angreifer sie gefunden und was immer da noch unterwegs gewesen war, war ebenfalls auf dem Weg zu ihnen gewesen.
Als es Abend wurde mussten sie einsehen, dass die beiden Kranken keine Kraft mehr hatten, sich weiter festzuhalten. Außerdem sollten sie die Batterien aufladen, auch wenn es Malandro und Kol schwerfallen würde. Inzwischen konnte Gunnar zwar selbst ein wenig Magie aus der Umgebung umleiten, aber er würde die ganze Nacht brauchen, um die beiden Blöcke wieder aufzufüllen.
Also hielten sie bei der ersten Gaststube, die sie finden konnten und mieteten ein Zimmer. Tis und Gunnar wechselten sich mit der Wache ab, um wenigstens etwas Schlaf zu bekommen.
Aber es sollte nicht sein.
Gunnar, der die erste Wache gehalten hatte, hatte sich noch nicht einmal zugedeckt, als Tiscio ins Zimmer gestürzt kam und panisch nur „500 Meter“ hervorbrachte.
Mehr brauchte es nicht, um Gunnar wieder aus dem Bett zu scheuchen.
Während Tiscio mit einer Metallstange, die er aus der Werkstatt mitgebracht hatte, in der Nähe des Eingangs zum Gasthaus wartete, rannte Gunnar zu seinem Zweirad und kam aus der Scheune geschossen, gerade als zwei Männer auf Pferden im Galopp die letzte Biegung nahmen.
Sie konnten sich nicht sicher sein, aber einer von ihnen schien der Angreifer vom Morgen zu sein.
Noch bevor sie sich jedoch darüber Gedanken machen konnten, schossen die beiden mit Handarmbrüsten auf sie, verfehlten jedoch ihre Ziele, weil Tiscio sich schnell hinter eine Tonne warf und sie Gunnars Geschwindigkeit falsch eingeschätzt hatten.
Eines der Pferde stieg auf als Gunnar auf es zugeschossen kam und der Reiter fiel herunter. Der andere ritt weiter auf Tis zu, der dem Pferd in die Seite schlug und auf diese Weise beide, Reiter und Tier, aus dem Gleichgewicht brachte, weswegen der Mann das Messer fallen ließ, welches er gerade zu ziehen versucht hatte. Tiscio nutzte die Gelegenheit und zog den Fremden am Bein vom Pferd und schlug ihm mit seiner Stange über den Kopf.
Dar andere rappelte sich auf und begann, auf die Gaststätte zu zurennen. Gunnar rempelte ihn mit seinem Zweirad an und brachte ihn zu fall. Der Mann verhakte sich jedoch mit seiner Jacke in der Maschine und wurde ein Stück mitgezogen.

Zuerst hatten sie Probleme damit, die beiden zu fesseln, da sie auf die Schnelle keine Seile finden konnten, bis sie auf die Zügel der Pferde zurückgriffen.
Als das Adrenalin jedoch erst einmal abgeebbt war, standen sie einen Moment lang ratlos über den Gefangenen.
„Was jetzt?“ fragte Tiscio.
„Das fragen wir uns in letzter Zeit ziemlich häufig. Ich habe keine Ahnung. Wir könnten sie foltern.“ Tiscio wollt schon protestieren, als er Gunnars zwinkern sah und begriff, dass der Jüngere nur versuchte, die beiden zum Reden zu bringen.
Aber, obwohl beide die Augen offen hatten, zeigten sie bei den Worten keine Regung.
Daher begannen sie damit, sich gegenseitig Geschichten zu erzählen, wie sie angeblich früher schon Geständnisse aus Gefangenen herausgekitzelt hatten. Aber nichts verursachte auch nur ein Zucken bei den Gefesselten.
Am Ende kamen sie vor allem zu dem Ergebnis, dass sie noch in dieser Nacht verschwinden mussten. Wenn sie jetzt noch keine Aufmerksamkeit in der Gaststube erregt hatten, sobald man die Gefesselten fand würde es nur so unangenehme Fragen regnen, und sie waren sich nicht sicher, ob die beiden dann nicht plötzlich mit irgendwelchen Lügengeschichten aufwarten konnten.
Deswegen ging Tiscio die beiden Kranken wecken, während Gunnar weiter auf seine Gefangenen aufpasste, bis alle wieder zusammen waren.
„Was j…?“ Gunnar hob den Zeigefinger. „Sag’s nicht, Tis.“ Tiscio verdrehte die Augen, tat ihm aber den Gefallen.
„Das Beste wäre vermutlich, sie umzubringen“, keuchte Kol Therond, wohlwissend, dass sein Vorschlag nicht auf Begeisterung stoßen würde. Entsprechend äußerten sich die drei jungen Männer. Sogar Malandro, der in den letzten Tagen kaum ein Wort gesagt hatte, brachte ein „kommt gar nicht in Frage“ hervor.
„Wir könnten zurückfahren und sie den Wachen übergeben.“
„Und warum könnte da jetzt weniger bei schiefgehen als beim letzten Mal, Gunnar?“
„Wir könnten sie auch in die [Zaubererwüste] bringen“, schlug Malandro vor.
„Ein interessanter Vorschlag, nachdem ihr gerad abgelehnt habt, sie zu töten“, warf Kol ein, wobei sie das verschmitzte Lächeln in seinem verzerrten Gesicht bei den Lichtverhältnissen nur erahnen konnten. Die Diskussion kam kurz ins Stocken und der Vorschlag wurde fallen gelassen, ohne dass ein weiteres Wort darüber verloren werden musste.
„Wir können sie auch mitnehmen und wieder in der Werkstatt einsperren. Der konnte sich bestimmt nur befreien, weil der andere dazu gekommen ist.“
„Und dann? Lassen wir sie verhungern, Tis? Oder hoffen wir darauf, dass irgendwer sie findet? Dann holen sie sich die nächsten Pferde und sind gleich wieder hinter uns her. Die spüren uns genauso, wie wir sie spüren. Und wieso hast du sie überhaupt gespürt und ich nicht?“
„Vielleicht warst du zu müde? Aber wenn sie uns über dieses Gefühl verfolgt haben, dann sind sie auf jeden Fall besser darin als wir.“
Kol beugte sich zu einem der beiden Gefangenen runter und tastete mit zittrigen Händen den Kopf ab, während die anderen ihn verwundert dabei beobachteten. Schließlich richtete er sich auf und verkündete leise: „Ich bin mir nicht sicher, aber es könnte sein, dass der hier eine kleine Narbe am Kopf hat, da wo uns in der Feste etwas eingesetzt wurde.“
Bei dem Gedanken an den Besuch in dem Gebäude im Niemandsland, an den sie sich nicht erinnern konnten, bzw. nur falsche Erinnerungen hatten, und der dazu geführt hatte, dass die Soldaten, die mit ihnen unterwegs gewesen waren, sich gegen ihre Heimat gestellt hatten und mehr wie Maschinen als wie Menschen gehandelt hatten, wurde ihnen noch kälter, als es die winterliche Nacht von ihnen verlangt hätte.
„Du meinst, wir spüren uns gegenseitig, weil noch etwas von der Feste in uns ist?“
„Vielleicht nicht in uns, aber wir wurden von der Feste berührt, und auch wenn alles, was wir gesehen haben, sehr mechanisch wirkte, war doch auch Magie mit im Spiel. Wie deine Räder, Gunnar.“
„Das ist bestimmt nicht wie meine Räder.“
„Lass, Gunnar. Darüber können wir später nachdenken. Erst mal müssen wir die Typen loswerden.“
„Wie wäre es, wir setzen sie nackig an ein Feuer, festgebunden, mit einer Spur zu ihnen, dass die Gastwirte sie morgen finden.“
Malandros Vorschlag war auf eine gewisse Weise perfide, weswegen er Kol gefiel, auch wenn er einwarf, dass sie so die Verfolgung auch nur hinauszögerten.
Wenn man nicht zu sehr über den Vorschlag nachdachte, schien es auch eine gute Überlebenschance für ihre Angreifer zu geben und würde ihr Vorrankommen deutlich verzögern, da sie ohne Mittel zurückgelassen würden. Da Tis und Gunnar viel zu Müde waren, um noch über irgendetwas gründlich nachdenken zu können, stimmten sie schließlich zu.
Sie machten ein Feuer, legten die Spur und zogen einen nach dem anderen aus. Als sie sich einen Blick zuwarfen, konnten sie das schlechte Gewissen das anderen deutlich erkennen, ihnen kam jedoch einfach keine bessere Idee.
Sobald sie endlich alles erledigt hatten, fingen sie die Pferde ein und Kol ging noch einmal ins Gebüsch, um sein Geschäft zu erledigen, wie er sagte.
Er blieb überraschend lange weg, so dass die anderen sich bereits Sorgen zu machen begannen. Als er endlich wieder vor dem Gasthof erschien, kam er den Pfad entlang, den sie kenntlich gemacht hatten und wirkte erschöpfter als zuvor.
Panisch fielen Tis und Gunnar Blicke sofort auf seine Hände, die jedoch keine Blutspuren zu zeigen schienen. Trotzdem wirkte er zufrieden und die beiden Xpochler hofften, dass es nur an seinem erleichterten Darm lag.

Sie benötigten zwei Tage, um zurück zur Werkstatt zu kommen, wobei sich auf dem Weg bereits die Umrisse eines Plans zu entwickeln schienen. Er würde auf jeden Fall einen Druiden oder Schamanen beinhalten.




Die Verbannten der Feldstrasse